Was Lernen ist … und was nicht

In aller Kürze:
Was Lernen wirklich ist, verstand ich erst, als ich die Uni nicht mehr ernst nahm. Dabei stellte ich fest, dass Lernen ausstirbt.
Christian
aktualisiert: 15.01.2023
erschienen: 03.02.2017
Inhaltsverzeichnis

Gerade habe ich wieder die ehrenvolle Aufgabe etwas „zu lernen“. Ich sitze in der Bibliothek und meine Aufgabe ist es, ein englischsprachiges Buch über Lean Startup zusammenzufassen, um daraus eine Step-by-Step Anleitung zu erstellen. Und das bekomme ich sogar bezahlt. Toll oder?

Naja, besser als die meisten Studenten-Jobs auf jeden Fall. Die Möglichkeit, etwas zu lernen mit Geld verdienen zu kombinieren, ist eine tolle Kombination – ohne Frage! Doch wie ich mich gerade durch die Seiten quäle, fällt mir eines auf. Es ist nicht mein erstes Buch zu diesem Thema. Genauer gesagt filtere ich aus 5 Büchern die Step-by-Step Prozesse heraus und vergleiche sie anschließend miteinander. Wissenschaftliches, analytisches und methodisches Vorgehen eben, das definitiv sinnvoll ist. Doch wo ist jetzt mein Punkt?

Was ist eigentlich Lernen?

Das hat mit Lernen nichts zu tun. Denn Lernen ist keine Aufgabe. Lernen passiert ganz automatisch.

Hast du schon mal ein Kind gesehen, dass keine Lust mehr hatte, weiter laufen zu lernen?

Nein?!

Ich schon.

Klar hast du irgendwann keine Lust mehr, wenn du 100 mal hingeflogen bist.

Und?!

Na dann beschäftigst du dich mit etwas Anderem und untersuchst eben krabbelnd die Fusseln auf dem Boden. Und danach lernst du, dass Fusseln essen deiner Mama nicht gefällt. Schließlich hat sie dich gerade auf eine dir ganz unangenehme Art und Weise laut darauf hingewiesen.

Bis du lernen wirst, dass das weniger mit dir zu tun hatte, sondern mehr mit ihrem eigenen Stress, den sie von Arbeit mitgeschleppt hat und ihn nun an dir ausgelassen hat (was ihr im Nachhinein leid tut und sie sich schlecht vorkommt, ohne zu wissen, wie sie es wieder gut machen kann … deswegen gibt sie dir dann extra mehr Süßigkeiten), wird noch ein paar Jährchen dauern.

Fürs erste hast du dann genug und legst dich abends schlafen. Dabei lernst du noch ganz beiläufig, dass sich dein Bett-Mobile (dieses drehende Ding über deinem Bett, was Musik macht und dich zum Einschlafen bringen soll) anfängt zu bewegen, wenn Mama an einem Faden zieht.

Das ist Lernen.

Lernen ist etwas, dass in deinem Kopf mit Freiheit, neuen Erfahrungen, Erstaunen, Freude und Nimmersatt verknüpft ist.

Das heißt, solang es dir Spaß macht, lernst du es. Macht es dir keinen Spaß mehr, lernst du es nicht weiter.

Sondern?

Du lernst etwas Anderes.

Konditionierung – geplante Verdummung

Was viele nach der Schule bis zu ihrem Tode tun, hat mit Lernen nur noch wenig gemein. Was diese Menschen betreiben, ist das qualvolle Hineinpressen von Informationen, zu denen die Menschen selbst keinen Bezug haben oder die Notwendigkeit nicht sehen.

Sobald wir ganz persönlich zu dem neuen Wissen keinen Bezug haben, können wir es nicht verknüpfen. Das Wissen steht also in unserem Kopf bereit und kann an keine mögliche Erfahrung angeknüpft haben. So werden wir zu intellektuellen Robotern.

Dieser Asozialisierungsprozess braucht natürlich viele Jahre, denn an diesen Schmerz gewöhnt sich niemand freiwillig. Dafür sind scheinbar unüberwindbare Systeme nötig, die einem vorgaukeln, der Schmerz wäre noch viel größer, würde man den Asozialisierungsprozess nicht durchlaufen.

Mit dem Schulsystem und der Arbeitswelt haben wir diese scheinbar unüberwindbaren Systeme, an die sich die Menschen mit ihrer Lebenszeit anpassen. Und irgendwann sogar für gut befinden. Diese Einstellung ähnelt der Sympathie eines Opfers für ihren Vergewaltiger (oder Vergewaltigerin – wir gendern doch heute alles?! Die Word-Autokorrektur zeichnet mir Vergewaltigerin im Übrigen als Rechtschreibfehler an … Doktorin, Chefin und Heldin jedoch nicht. Das ist jedoch ein anderes psychologisches Bias, über den ich gesondert schreiben werde).

Zurück zur Sympathie des Opfers mit dem Vergewaltiger. Das Ganze hat einen Namen und wird Stockholm-Syndrom genannt. Diese Art und Weise ist die einzig sinnvolle Erklärung zur Verteidigung unseres Asozialisierungsprozesses.

Es ist das Beste, was wir bisher im Stande waren, zu erschaffen. Und nun wird es Zeit, hier mal ein Update rauszubringen. Jede App wird gefühlt täglich aktualisiert, aber unser Schul- und Berufssystem ist seit 150 Jahren in seinen Grundfesten unverändert?! Und wird dann noch beschützt?!

Wollen die Menschen ihren Nachkommen nur die gleichen Schmerzen zufügen, die sie selbst erfahren haben oder merken sie einfach gar nicht mehr, dass sie dauerhaft unter dieser Asozialisierung leiden?

Lass mich genauer beschreiben, was ich meine. Der normale (ich hasse dieses Wort) Erwachsene „lernt“, bis er es geschafft hat.

Von 0 auf 100.

So, wie „man“ eben lernt.

Nein – so lernt „man“ eben nicht – weder Mann noch Frau.

Ist das noch lernen? Überprüfen wir das: Warum sollte jemand von 0 auf 100 Lernen. Also bis er es geschafft hat?

Es könnte sein:

  • Er braucht das Wissen
  • Er hat einen Termin vorgesetzt bekommen, bis zu dem er es wissen muss

Mehr fällt mir hier ehrlich gesagt nicht mehr ein.

Es gibt keine rationalen Gründe, warum jemand eine derartige Tätigkeit aus freien Stücken mit Lernen in Verbindung bringen sollte. Die oben beschriebene Tätigkeit des Wissen Aneignens hat natürlich ihre Berechtigung. Sachen durchzuziehen gehört einfach dazu, wenn du deine dir gesteckten Ziele erreichen möchtest. Doch mit Lernen hat das nichts zu tun. Vergleiche das eben beschriebene mit der oben festgelegten Definition von Lernen.

Weder kennt Lernen eine Grenze (es kann kein 0 oder 100% Wissen geben) noch kennt Lernen externe Motivation (also den Druck von anderen Menschen oder von „Außen“ ganz allgemein).

Vergleiche mit deiner eigenen Erfahrung. Wenn du etwas gern tust, hast du schon einmal eine Grenze gezogen und gesagt: „Nein, ich bin jetzt in diesem Thema perfekt. Es gibt nichts mehr zu lernen!“

Nein, das hast du nicht!

Weil es immer etwas Neues in einem Themengebiet zu lernen gibt.

Allein der Maßstab von 0 bis 100% impliziert, dass du dein Wissen mit irgendetwas vergleichst.

Lernen kennt aber kein Vergleichen.

es kennt nur das aufgehen im Moment, Erstaunen, Freude und natürlich auch Rückschläge (die einem großen Ganzen, was du erreichen willst, dienen).

Ich belasse es jetzt dabei. Mir geht es nur um eines:

Werde dir bewusst, wo lernst du wirklich und wo beschäftigst du dich mit Informationen aufgrund äußerer Einflüsse. Weil es dir zum Beispiel Geld bringt, so wie mein Entrepreneurship-Buch lesen.

Interessant kann das durchaus trotzdem sein. Aber würdest du es tun, wenn du gerade machen könntest, was du willst?

Wenn du lernst, beantwortest du die Frage guten Gewissens mit ja.

Und egal was es ist – wenn du nicht mit einem festen, intuitiven „ja“ antworten kannst – ganz gleich was es dann ist – Lernen ist es nicht!

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